ATEM

Bewegung von Luft. 20.000 Mal am Tag. 12 Kubikmeter Luft rein und raus.


bienensummen atmung

Diese Übung kann als klassisches Pranayama (Atem- bzw. Energielenkübung aus dem Yoga) bezeichnet werden. Doch lange bevor ich von Yoga wusste, habe ich bereits auf diese Weise geatmet. Vielleicht habe ich es schon als Kind übernommen oder es ist geblieben von Momenten in denen man mich, das schreiende Baby, beruhigen wollte. Und so habe ich beim Ausatmen vor mich hingesummt, vielleicht nicht so wie beim Yoga in einer kontinuierlichen Tonart, wie es Bienen tun, sondern eher wie ein Lied. Im Grunde kommt es aber darauf auch nicht an, sondern rein auf die Vibration, die beim Summen im Körper entsteht. Im Yoga wird diese Atemübung Brahmari genannt und kann mit einfachen Körperübungen kombiniert werden. zB. in der Rückenlage mit aufgestellten Beinen vorm Gesäß, beim Einatmen das Becken und den Rücken bis zu den Schultern anheben (Schulterbrücke) und beim Ausatmen wieder alles ablegen und den Summton tönen. Mir geht es heute mehr um das Hören der Atmung selbst, das Spüren der Vibration, das die Stimmbänder reinigt und erfrischt und das Gewebe in den Resonanzräumen im Kopf, Hals und Nacken besser durchblutet. 

Give it a try: Komm ins Sitzen oder auch in die Rückenlagen, einfach so dass es für dich bequem ist und du dich auf das Hören des Atems konzentrieren kannst. Schließe mit dem Zeigefinger (oder auch jedem anderen Finger) deiner rechten Hand das rechte Ohr und mit dem Zeigefinger der linken Hand das linke Ohr. So kannst Du auch dein Unterkiefer und Kinn sanft umarmen. Lass dann den Atem durch die Nase einströmen und lass dann einen gleichmäßig summenden Ton mit der Ausatmung entstehen.  Der Mund bleibt dabei geschlossen und die Lippen entspannt. Die Zunge liegt sanft und gelöst im Mundraum, sodass sich auch das Zungenbein bis tief in den Brustraum entspannt. Wenn eine natürliche Pause nach der Ausatmung entsteht, lass diese einfach sein. Sie gibt Möglichkeit dem Nachschwingen des Summtons nachzuspüren. Lass die Einatmung ganz natürlich entstehen ohne besonders tief oder lange einzuatmen. 

 

Kannst Du den Summton innerlich hören? Hört es sich anders an, wenn Du die Finger von den Ohren löst? Ist es ein gleichmäßiges Summen oder gibt es Unterbrechungen? Höhen und Tiefen? Spürst du die Vibration irgendwo im Körper? Entsteht vielleicht Wärme in bestimmten Regionen? Ohne all dies zu bewerten, einfach hinhören und hinspüren. Wird das Summen und damit das Ausatmen mit fortdauernder Übung länger? 

Wenn Du die Übung beendest bleibe einfach noch einige Momente in Stille. Was kannst Du jetzt hören? Von deinem Atem? Aus deiner Umgebung? Wie fühlen sich Kopf, Brustkorb und Halsraum nun an? Fühlst Du jetzt mehr Leichtigkeit? Gelassenheit? Sind möglicherweise weniger Gedanken da? Der Geist ist ruhiger? Wie war es die Aufmerksamkeit auf diese Art und Weise (Hören mit dem inneren/knöchernen Ohr) nach innen zu lenken?


Ein-Atem

Give it a try: Konzentriere dich mit geschlossenen Augen auf deine Einatemzüge.

Wo spürst du den Atem? Welche Räume im Körper füllt er?  Wie fühlt sich das an? Was kannst du entdecken?

... dieser Moment nach der Stille in der sich der Impuls für eine Einatmung regt. Die sachte Ankündigung unseres Körpers sich für die Fülle des Lebens zu öffnen. 

... dieser Moment in dem der Impuls und die Ankündigung zu einem Anfang wird und die Luft beginnt einzuströmen.

... dieser Moment in dem sich die Nasenlöcher dehnen als wollten sie die ganze Welt aufnehmen.

... dieser Moment in dem die Luft durch den Halsraum strömt und die Lungenflügel sich Richtung Schulterblatt, Schlüsselbein und Brustbein dehnen. 

... dieser Moment in dem die Lungenspitzen sich Richtung Bauchraum schieben, als wollten sie den Brustkorb ganz für sich und das Herz einnehmen. 

.... dieser Moment in dem sich der Beckenboden aktiviert um die Organe des Bauchraums aufzufangen als gebe er Ihnen eine Hängematte in der sie ruhen können. 

... dieser Moment der Fülle in der das Zwerchfell zu einer deutlichen Verbindung alles Leben im Rumpf wird. 

Soviele Augenblicke eines Einatemzugs gibt es zu entdecken. ... darüber hinaus noch viel mehr. 

*blessed by breath* heute habe ich mehr Klarheit über diese Worte, obwohl vieles Ungesagt blieb.


atmende berührung

 In der TCM wird im Herbst die Aufmerksamkeit auf das Organ Lunge gelenkt. Doch ich bin jetzt sowieso ganz und gar bei meinem Atmen angekommen, kleine herbstliche Hustenanfälle hin oder her. Mehr und mehr berühre ich die Geheimnisse, die meine eingeschränkte Fähigkeit für einen freien Atemfluss, erklären. Die Nase voll haben, kann ja wohl nicht das ganze Jahr im übertragenen Sinn möglich sein. Ein Buch mit dem einfachen Titel „BREATH – ATEM“ hält mich in Lese- und Entdeckungslaune was den Weg von meiner Nase zur Lunge betrifft. Nebenbei erklärt es auch warum ich die Nase physisch voll habe, obwohl bei mir emotional alles in Ordnung ist. (Mehr oder weniger). In meinem laufenden MBSR Kurs sammeln wir auch gerade erste Erfahrungen mit dem natürlichen Atemfluss. Also ohne ihn zu lenken oder zu manipulieren. Durch diesen Zugang habe ich erst begonnen meine Atmung tatsächlich kennenzulernen. Das waren nun bereits einige Jahre des Vertraut Machens, jetzt habe ich das Gefühl sind wir bereit uns in neue Dimensionen zu wagen und ich spreche noch nicht von den Pranayama Übungen im Yoga. Wie auch immer. Im MBSR (Mindfulness Based Stress Reduction) Programm wird auch angeleitet den Atem dort wahrzunehmen wo wir ihn am deutlichsten Spüren können, dort wo er für uns ganz lebendig erscheint. Das kann von der Nasenspitze, über das Heben und Senkens des Brustkorbs oder der Bauchdecke gehen. Wenn wir diese Bereiche mal erfasst haben, die Bewegungen dort spüren, dann kann die Beobachtung der Atembewegung verfeinert werden: vielleicht ist sie unter den Schlüsselbeinen, unter den Schulterblättern, entlang der Wirbelsäule, im Unterbauch auch zu erkennen. Manchmal ist das gar nicht so einfach, diese inneren Bewegungen zu bemerken, entweder weil sie außerhalb unseres „Blickes“ liegen, es noch kein Bewusstsein dafür gibt oder weil mehr denkende, als fühlende Teile in uns aktiviert sind. In solchen Fällen kann es hilfreich sein, unsere Hände einzusetzen und so durch taktile Berührung, die Interozeption (Innenwahrnehmung von Körperregionen) zu beflügeln. Nebenbei ist die Berührung, sozusagen Haut auf Haut, auch im Herbst besonders sinnvoll, denn die Haut ist ja unser größtes Atmungsorgan. 

Give it a try: Diese Atemübung kannst Du im Sitzen oder Liegen durchführen. Dabei den Atem frei fließen lassen. Ein entspanntes Atmen wird mit der Zeit auch ein tieferes atmen – ohne Anstrengung. 

Zuerst einfach den Atem beobachten wie er durch die Nase ein- und ausströmt. Nach einigen Minuten, die Wahrnehmung mit Hilfe der Hände ausdehnen. Die Hände an den beiden Nackenseiten platzieren und den Atemfluss hier erspüren. Wenn Du Nackenverspannungen hast, kannst Du dir auch mit jeder Ausatmung in Gedanken, das Wort „Entspannen“ sagen. Nach einiger Zeit die Hände wandern lassen und zu den Schulterdächern rutschen. Einige Atemzüge den Atem auch an dieser Körpestelle wahrnehmen und vielleicht auch erahnen oder erspüren, wie sich dabei die Schulterblätter und Arme bewegen. Dann die Arme weiter wandern lassen, am Brustbein oder am Herzraum ablegen. Das Wissen, dass die Lunge geatmet wird, das Herz pulsiert und dass die beiden eng miteinander in Verbindung stehen, vielleicht sogar über die taktile Berührung der Hände ganz und gar im Geist und Körper aufnehmen. Die Hände weiter auf die Reise schicken. Seitlich des Oberkörpers an den unteren Rippbögen. Hier das weiten und zusammenfließen der Rippenbögen erkennen. Die dazwischenliegende Atemhilfsmuskulatur aktiviert sich beim Einatmen und entspannt beim Ausatmen. Wenn an dieser Stelle der Atem gut erkennbar ist, dann die Hände auf den Oberbauch (über dem Bauchnabel) ablegen., hier sind die Bewegungen des Zwerchfells erkennbar unser wichtigster Atemmuskel, denn die Lunge selbst ist kein Muskel und kann nicht selbständig atmen. Sie wird geatmet. Schließlich die Hände auf die Rückseite bringen. Zuerst im Bereich der Nieren (sie liegen unter den untersten Rippenbögen), dann am unteren Rücken. Abschließend die Atmung am Unterbauch und in der Leistengegend berühren.

Was kannst Du an den einzelnen Körperstellen, an denen die Hände abgelegt werden entdecken? Gibt es neue oder veränderte Wahrnehmungen? Wie fühlt sich die Berührung ganz generell an? Und gibt es Stellen, die du nicht gerne berührst oder die nicht einfach zu berühren sind? Gibt es Gedanken oder Gefühle zu dieser atmenden Berührung? Was geht dabei in dir vor?

 


bauchatmung

Am Höhepunkt meines beruflichen Stresspegels habe ich sehr flach geatmet. Ich hatte tatsächlich kaum ein Bewusstsein für meine Atmung. Nur manchmal fiel es mir auf, wenn ich einen wachen Moment für meinen Körper hatte (und davon hatte ich nicht viele). Dann habe ich registriert, dass ich die Luft anhielt, viele Augenblicke wohl schon nicht mehr geatmet hatte. In der Steinzeitsprache hätte man gesagt, ich habe mich totgestellt anstatt in den Fight or Flight Modus zu wechseln. Tatsächlich war das wohl auch so. In meinem Yogakurs hat uns der Lehrer damals immer einige Minuten am Rücken liegend tief atmen lassen. Atmen war anstrengender für mich als der Schulterstand. Die Frage „Wie tief konntest du deinen Atem heute spüren?“ war damals auf alle Fälle eine gute Bewusstseinsbildung für die Neuentdeckung meiner Zwerchfellatmung. Dass Toni, unser Lehrer, seinen Atem bis in die Zehen spüren konnte war aber für mich wie ein Märchen, dass er einfach aus der Luft gegriffen hatte. Om Shanti. 

 

Give it a try: Leg dich auf den Rücken und deine Hände auf den Bauchraum, sodass die Fingerspitzen der Mittelfinger sich berühren. Bemerke zu Beginn einfach wie der Körper ein- und ausatmet ohne, dass du dieses Atmen willentlich verstärkst. Komme einfach in Berührung mit deinem natürlichen Atemrhythmus. Gib so auch dem Körper Zeit sich in Ruhe niederzulassen und vielleicht bemerkst du wie der Rücken und die Wirbelsäule langsam entspannen und sich auf der Unterlage vertrauensvoll ablegen. Dadurch können auch Verspannungen abfließen. Erlebe die ersten 11 Minuten einfach die Atmung in ihrer ganzen Natürlichkeit ohne weitere Beeinflussung. Beginne erst nach dieser Zeit den Atem tiefer in den Körper zu schicken. Einfach so, dass sich die Bauchdecke durch die Zwerchfellbewegung hebt und senkt. Möglicherweise ist das zuerst erkennbar, weil sich die Fingerspitzen beim Einatmen auseinanderschieben und beim Ausatmen wieder berühren. Schau, dass du nicht zu viel Anstrengung in den Atemprozess legst, sondern lass ihn eher mühelos mit der Zeit tiefer und tiefer werden. Lass den ganzen Körper mit der Atembewegung mitgehen. Bemerke wie sich der untere Rücken mal näher Richtung Boden schiebt und mal mehr abhebt. Erkenne die Bewegung der unteren Rippenbögen durch die Bewegung der Hände. Lass ein inneres Bild des Zwerchfells entstehen. Es liegt wie eine Kuppel über deinem Bauchraum (an den unteren Rippenbögen) und es füllt sich beim Einatmen mit Luft, schiebt die Mitte des Zwerchfells nach unten Richtung Bauchraum. Dadurch gleiten die Bauchorgange Richtung Beckenraum und der Beckenboden hält auf ganz natürliche Weise dagegen. Durch diese Bauchatmung wird der Körper in seiner Gesamtheit berührt, so gehen alle Steifheit, Anspannung, alles Denken und Halten fort. Und während sich die Luft durch den Körper bewegt wird die Wirbelsäule wieder und wieder durch den Atem berührt bis sie schwebt. Dieses Bewegen sorgt für eine sanfte Ausdehnung/Entspannung in allen Dimensionen des Körpers. Versuche das tiefe Atmen einige Runden und Minuten ohne besondere Anstrengung aber mit viel Freude und Neugier. Es ist bewiesen, dass der Körper nach 11 Minuten bewusstes Atemerleben die Atemfrequenz reduziert und in den Regenerationsmodus (Parasympathikus) schaltet. Nach dieser Zeit wird Stress abgebaut, Zellschäden repariert und die Zwerchfellatmung sorgt außerdem für eine Senkung des Blutdrucks und eine Massage der Bauchorgane, was auch die Verdauung ankurbelt. Die Zwerchfellatmung macht wach, weil sie mehr Sauerstoff ins Gehirn bringt obwohl sie insgesamt weniger Energie verbraucht als die Brustkorbatmung.  

Wie fühlt sich der Körper in seiner Gesamtheit an, wenn du dich ablegst? Kannst den natürlichen Rhythmus des Atems erkennen? Ist die Einatmung kurz oder lang? Hebt sich beim Einatmen der Brustkorb? Die Bauchdecke? Wie ist die Ausatmung? Senkt sie den Brustkorb und die Bauchdecke? Ist es möglich den Atem entlang der Wirbelsäule, des Rückens zu spüren? Gibt es Veränderungen dieses Rhythmus, wenn zum Beispiel ein Gedanke auftaucht oder der Körper mit einer Bewegung (wie einem Zucken, einem Loslassen, …) reagiert? Ist dein natürlicher Atem tief und bewegt viele Körperbereiche oder eher flach und in der Bewegung unbemerkt? Fühlt es sich anstrengend an tief zu atmen? Gibt es irgendwo Engstellen, wo der Atem nicht so gut weiterfließt? Kannst du Veränderungen in der Wahrnehmung des Körpers, Atems und seines Rhythmus sowie des Geistes vor und nach der Übung feststellen?


MONDATMUNG

Um die Wirkung der Pranayama Übungen weiß ich – zumindest theoretisch - seit meiner Yogalehrer Ausbildung. Meinen Zugang dazu finde ich trotzdem erst sehr langsam und er begann mit einer ausgiebigen, das bedeutet jahrelangen Beobachtung des natürlichen Atems. Erst seit ich ihn besser kenne, kann ich mich wieder den yogischen Pranayama Übungen annähern ohne sie als etwas zu betrachten, dass einfach dazugehört, wenn man Yoga unterrichtet. Chandra Bhedana oder Mondatmung nennt sich die Atemübung, die hilfreich ist, wenn wir unseren Parasympathikus mehr aktivieren wollen. Das kann also hilfreich sein, wenn Stresssituationen anstehen (zB. Prüfungen, Vorträge, …), wir gereizt sind oder unser Alltag sehr fremdbestimmt ist. Im Ayurveda schlägt man diese Atemübung bei einem zuviel an Pitta vor. Pitta wird dem Feuer Element und damit Hitze zugeordnet. In der TCM entspricht das auch der Jahreszeit Sommer. Wobei sich Pitta nicht allein in dieser Jahreszeit aufbaut. Aufenthalte in stark überhitzen Räumen oder ein Zuviel an scharfem Essen intensivieren ebenfalls das Element Feuer. In der Yogaphilosophie kennt man zwei gegensätzliche Energien: Ida und Pingala. Ida fließt durch das linke Nasenloch, Pingala durch das rechte. Ida verkörpert das Weibliche, den Mond, das Passive. Pingala steht für das Männliche, die Sonne und Aktivität. Weil wir zum Beispiel im Sommer genug von Pingala um und in uns haben und der Yogi nach Ausgleich und Balance im Leben strebt, ist es ratsam in dieser Zeit die Energie des Passiven/Nicht Tuns/Ruhens/Parasympatikus immer wieder bewusst zu fördern. 

Give it a try: Setze Dich aufrecht in eine angenehme Sitzhaltung, die nicht steif ist. Das kann auch auf einem Stuhl sein. Atme einige Male tief durch beide Nasenlöcher ein und aus. Bist du Rechtshänder forme ein Handmudra mit der rechten Hand, lege dazu den Zeige- und Mittelfinger in die Handfläche. Strecke Daumen, Ring- und kleinen Finger weg. Der Daumen hilft dir in Folge das rechte Nasenloch zu schließen. Der Ringfinger das linke Nasenloch. (Linkshänder machen es einfach mit der linken Hand, der Daumen schließt dann das linke Nasenloch, …). Wenn dir das Handmudra zu umständlich oder unangenehm ist, kannst du die beiden Finger anstatt in die Handfläche auch auf die Stirn/ans Dritte Auge legen und so von oben die Nasenlöcher mit dem Daumen bzw. dem Ringfinger verschließen. 

Nach einer angenehmen Ausatmung durch beide Nasenlöcher, verschließe mit Deinem Daumen das rechte Nasenloch. Atme tief und ruhig durch Dein linkes Nasenloch ein. 

Verschließe dann das linke Nasenloch mit dem Ringfinger und atme durch das rechte Nasenloch wieder aus. 

Wiederhole einige Runden in diesem Rhythmus: links ein, rechts aus. 

Versuche möglichst ohne Anstrengung zu atmen, egal ob der Atem ein- oder ausströmt, er wird nicht forciert oder auch nicht bis zum Anschlag getrieben. 

Beende die Übung, wenn der Impuls dazu kommt. In dem du die Hand wieder ablegst und durch beide Nasenlöcher ein- und ausatmest. 

Das Einatmen entspricht der Qualität des Anregens, weshalb wir links = Ida einatmen um die Mondenergie anzusprechen (auch weibliche Energie, ruhende Energie) . Das Ausatmen entspricht mehr der Qualität des Loslassens, weshalb wir rechts = Pingala ausatmen. 

Kannst du vielleicht erkennen, dass der Atem zu Beginn der Übung durch eines der beiden Nasenlöcher deutlicher fließt? Kannst du am Ende der Übung erkenne, ob sich dabei vielleicht etwas verändert hat. 

Was verändert sich oder auch nicht auf der Ebene der geistigen Aktivität? Kommt so etwas wie ein „Runter Kommen“ von der Aktivität des Tages zustande? Ist eine Innenschau, ein entspannen während und nach der Übung möglich? Worüber reflektierst du vielleicht? Und wie wirkt diese Übung energetisch auf Körper und Geist?


lungenzonen atmung mit fingerakupressur

„Jetzt kann ich wieder richtig atmen!“ freuen sich manche meiner Yogaschüler nach der gemeinsamen Stunde. Aber was ist wirklich passiert in diesen 1,5 Stunden frag ich mich manchmal und braucht es wirklich 90 Minuten Yoga um gut durchatmen zu können? Und noch wichtiger die Frage: Was ist in den Tagen davor passiert, dass uns fühlen lässt, nicht mehr richtig zu atmen? Was meinen wir eigentlich damit? Bei einigen zeigt, sich eine Verspannung und Verkrampfung der Atemmuskulatur, genauer des Zwerchfells, das in den vorgebückten Sitzhaltungen sich nicht in all seine Dimensionen entfalten kann. Bei anderen ist vielleicht eine starre Haltung des Oberkörpers ohne Drehungen der Brustwirbelsäule und Armstreckungen nach oben die Ursache für eine Verkrampfung der Zwischenrippenmuskeln. Dann atmet der Körper sehr oberflächlich mit kleinen Bewegungen im oberen Bereich des Brustbeins und das war’s dann.  Die Lunge wird nicht vollständig bewegt, die Luft bewegt sich also nicht durch das gesamte Bronchiensystem und erreicht nicht alle Lungenbläschen, d.h. wir bekommen zu wenig Sauerstoff ins Blut für eine erfrischtes und konzentriertes Arbeiten und Sein. Es ist gut zu wissen, dass eine Yogastunde helfen kann wieder mehr Bewegung in alle Bereiche der Lunge (Oben, Mitte und Unten) zu bringen und damit ein vollständiges Atmen und erfrischtes Chi oder Prana im ganzen Körper zu spüren. Kürzlich bin ich aber in einem alten Buch für Mudras auf eine kleine Fingerübung gestoßen, die in nur wenigen Atemzügen für die ganze Lunge und damit für den gesamten Organismus ist so erfrischend wie eine ganze Yogastunde ist.  Es gibt nämlich einen direkten Zusammenhang zwischen den einzelnen Fingern und den 3 Zonen der Lunge. Daumen und Zeigefinger sind mit dem oberen Teil der Lunge in Verbindung, die Mittelfinger dann logischerweise mit der Mitte und die Ringer- und kleinen Finger mit den unteren Lungenspitzen. Diese kleine Übung weitet die Bronchien, öffnet die Lunge und stärkt sogar das Herz. Wenn du dich müde oder unkonzentriert fühlst, erfrischt sie den Geist und unterstützt dich wieder in deine Kraft zu kommen. Ich mach sie jetzt gerne vor der Morgenmeditation, den sie erinnert mich an das Weiten und Aufblühen der Natur im Frühling. Neugierig geworden?

Give it a try: Nimm eine aufrechte Haltung im Sitzen oder Stehen ein. Gerne an der frischen Luft oder vor geöffnetem Fenster. Halte die Hände mit den Handinnenflächen zueinander gerichtet vor dem Brustkorb. Ellbogen gerne gebeugt und seitlich des Oberkörpers sanft angelegt. Lass die Finger locker und lass den Atem einströmen. Nimm die Bewegung im Brustkorb wahr. Lass den Atem wieder ausströmen. Nimm die Empfindungen im Brustkorb wahr. Dann spreiz die Finger von dir weg. Atme wieder ein und aus und beobachte, wie sich der Atem nun anfühlt. Schließlich bring die Spitzen von Daumen und Zeigefinger aneinander. Übe nur einen leichten Druck aus, lass dich anderen Finger weggespreizt. Nimm ohne Anstrengung ein paar Atemzüge hier, lass die Luft dabei frei ein- und ausströmen ohne sie zu lenken. Bemerke die Atemimpulse im Körper/Brustkorb. Dann lös die vier Fingerspitzen voneinander und bring die Spitzen der beiden Mittelfinger zueinander. Beobachte wieder für einige Atemzüge die Bewegungen im Brustkorb. Dann löse die Mittelfinger und wiederhole noch einmal ein paar bewusste Atemzüge lang mit den einem sanften Druck der beiden Ringfinger und der Kleinen Finger. 

Kannst du den direkten Bezug der einzelnen Finger zu den Lungenzonen erkennen?  Daumen und Zeigefinger bewegen Schultern und Schlüsselbeine – also mehr den oberen Bereich? Bewegen die Mittelfinger die Rippenbögen zu den Seiten und in die Achselhöhle hinein – also mehr den mittleren Bereich der Lunge? Ring- und kleiner Finger lassen eine deutliche Bauchatmung erkennen – bewegen somit das Zwerchfell? Wie fühlt sich das an? Was kannst du entdecken, wenn du diese Übung zur Auflockerung während des Arbeitstages machst? Erkennst du anhand dieses praktischen Übens auch noch andere Zusammenhänge in deinem Körper? 


Atmung des herzens

Nach Arbeitsstunden am Schreibtisch sinkt mein Rumpf zusammen. Die vorderen unteren Rippenbögen des Brustkorbs ziehen Richtung Bauchraum. Der Obere Rücken und die Schultern sind ganz rund. Die Vorderseite des Oberkörpers zusammengezogen, die Rückseite ausgedehnt. Die Fachwelt hat einen Begriff dafür: Homo Computerus. 

Solche Tage des Datenproduzierens wirken sich nicht bloß auf die Körperhaltung aus, sondern auch auf Herz und Geist. Das Hirn arbeitet unaufhörlich, liegt rein körperlich schon vor dem Herzen, marschiert voran. Der Herzraum ist nach hinten zur Wirbelsäule gedrängt. Der Atem stockt schon bei den ersten Rippenbögen. Das Zwerchfell (unser Atemhilfsmuskel) ist unterbeschäftigt. Dadurch gelangt auch weniger Sauerstoff in die Organe und Zellen. Ich bin deshalb auch ziemlich müde. Herz und Geist sind nicht mehr gleichberechtigt. Das Herz um das der Atem drückt ist schwer, das Gehirn überbelastet. Dank eines achtsamen / bewussten Moments für die Körperhaltung, das Erkennen der Müdigkeit richte ich mich auf. Fasse den Entschluss zu einer bewussten Atempause, gebe Herz und Geist den notwendigen Ausgleich. Ich setze mich gern auf den Boden in einer Grätsche. Aber die Übung kann auch auf einem Stuhl durchgeführt werden. 

Mit den Händen (Handflächen zueinander) vorm Herzzentrum, atme ich ein - zuerst vor allem in den Brustkorb, das Herzzentrum. Mit der Ausatmung schiebe ich die Hände auf Herzhöhe von mir weg, richte dabei auch den Kopf ein (Kinn ein wenig Richtung Brustbein ziehen, Ohren über die Schultern). Mit einer Einatmung öffne ich die Arme auf Schulterhöhe zu den Seiten, dabei wird der Brustkorb weit, die Schulterblätter ziehen zusammen und die Brustwirbelsäule kommt in Bewegung. Atme hier auch aus und nochmal ein. Ausatmend beuge ich die Ellbogen ziehe sie nach unten und hinter die Wirbelsäule, das hebt das Brustbein noch etwas weiter an und öffnet den Herzraum intensiv.  Atme in dieser Position wieder ein und aus. Mit einer Einatmung komme ich wieder mit den Händen in die Ausgangshaltung vors Herzzentrum. Halte einige Momente inne und lasse den Atem fließen. Einige Runden wiederhole ich die Herzatmung und versuche den Atem bei der Öffnung der Arme auf Schulterhöhe auch tiefer in den Bauchraum zu schicken. 

Give it a try: Du musst nicht gleich auf deinen nächsten Homo Computerus Moment warten, probiere die Übung gleich jetzt nach dem Lesen aus. Such dir einen Platz am Besten in der Natur oder bei geöffnetem Fenster. Spüre für einige Augenblicke wie es dir gerade geht, wie Herz und Geist zu einander stehen. Geht einer davon voraus? Was dominiert gerade deine Stimmung? Sind da viele Gedanken zu hören? Fällt es leicht auf das Herz zu horchen? Dann übe für einige lockere Runden die Herzatmung wie oben beschrieben. Wenn es dir anfangs Mühe bereitet Bewegung und Atmung zu synchronisieren, dann lass den Atem einfach frei fließen und konzentriere dich zuerst auf die Bewegung. Der Atem kommt und geht in seinem eigenen Rhythmus mit der Zeit versuche die Bewegung der Atmung anzugleichen. Wie beginnt sich der Herzraum anzufühlen, von einer Armbewegung zur nächsten? Spürst du Auswirkungen auf die Muskulatur im Rücken, im Nacken und entlang der Vorderseite des Brustkorbs? Was machen Schultern und Schulterblätter? Mit welchem Gefühl ist vielleicht das bewusste Atmen im Brustkorb und im Bauchraum verbunden? Was sagt dir dein Herz, wenn du die Übung beendet hast und einfach noch dasitzt und lauscht?