Diese kleine Praxis baue ich regelmäßig in meine Yogastunden ein, aber sie ist auch für zwischendurch eine gute Anregung uns in Beziehung zur Umgebung zu sehen. Vor allem bei einer körperbetonten Bewegungspraxis, wo es ja primär Ziel ist dem eigenen Körper zu begegnen und ihn zu spüren, kann es nach einiger Zeit der Konzentration darauf, auch hilfreich sein, eine Verbindung zum Außen wieder herzustellen. Wenn wir dann zum Beispiel 20 Minuten in der Rückenlage waren und uns auf ein paar kleine Bewegungen der Füße und Beine konzentriert haben, wir also völlig angekommen sind im Körper, dann leite ich dazu über, mal den Blick durch den Raum schweifen zu lassen. In den meisten Fällen geht der Blick dann zur Zimmerdecke. Wir erforschen die Ecken und Kanten, die Leerheit und Weite. Sehen uns dem gegenüber und erkennen so eine neue Dimension des Raums und dadurch kann der Blick auf den eigenen Körper frischer werden. Im Verlauf so einer Einheit rege ich die Yogis in verschiedenen anderen Positionen, wie in der Hocke, in Bauchlage, im Herabschauenden Hund, in der Vorbeuge und schließlich auch im Stehen, auch dazu an immer wieder den eigenen Körper im Raum neu zu verorten. Die eigene Ausbreitung im Raum, die Distanz zu Gegenständen und zur Umgebung zu erkennen und die Perspektiven aus verschiedenen Höhen und von unterschiedlichen Standorten zu erkunden. Diese Verortung des Körpers im Raum ist durch ein Schauen und Sichten leichter möglich, als eine Erkundung und Lokalisierung mit anderen Sinneswahrnehmungen. Wir können erkennen wie klein oder wie groß wir sind. Wie der Raum an Größe gewinnt, wenn wir ihn aus einem bestimmten Blickwinkel beobachten, z.B. am Boden liegend mit Blick auf den Plafond. Es kann auch interessant sein, sich in Beziehung zu einem bestimmten Gegenstand im Raum zu sehen. Die Pflanze die mal überdimensioniert scheint und bedrohlich, dann klein und freundlich. Das Grün, dass mal kraftvoll und frisch wirkt, dann wieder sanft und müde.
Give it a try: Diese Übung wird es dann wirklich interessant, wenn es eine Praxis in Bewegung ist. Wenn Du den Raum oder auch die Natur um dich in unterschiedlichen Positionen und damit aus verschiedenen Perspektiven betrachtest. Bring dich also in Stellung und verändere dann die Stellung immer wieder. Im Stehen oder Sitzen, mit Aufrechtem Oberkörper und nach unten hängendem. Im langsamen Gehen von A nach B oder im Kriechen am Boden. In Rücken-, Bauch- oder Seitlage. Im Kopfstand, wenn du kannst oder im Herabschauenden Hund. Was erblicken deine Augen in der jeweiligen Position. Was ist nicht sichtbar und was mehr als in einer anderen Körperhaltung. Lass den Blick über die Raumbegrenzungen schweifen und erkunde von dort die Distanz bis zu deinem eigenen Körper. Welche Perspektiven findest Du interessant? Siehst du etwas Neues oder Anderes? Gibt es Blickwinkel, die angenehmer sind fürs Auge? Gibt es Bereiche in denen du gerne verweilst und welche die du eher meidest? Erkennst Du diesbezüglich einen Rückschluss zu deiner eigenen Position, deinem jetzigen Standpunkt? Welche Gefühle und Gedanken tauchen bei den verschiedenen Blickwinkeln auf und wie siehst du dich selbst in diesem Raumgefüge?
Als Bauernhofkind war das Wort Schuhe - zumindest im Sommer - ein Fremdwort für mich. Am liebsten steckte ich meine Zehen in die frisch beregnete Erde am Feld. Der Matsch klebte zwischen meinen Zehen, die Füße wurden beim Durchwaten des Ackers immer schwerer, weil mehr und mehr Erde daran hängen blieb. Durch das Feld laufen war ein Spaß. Auch am Hof und beim Spielen auf der Straße, selbst am Rad war ich fast nur barfuß unterwegs. Über Steine, Asphalt, Gras das war alles selbstverständlich. Natürlich hatte ich viele Verletzungen an den Füßen. War mal wieder in ein Glas gestiegen oder habe die Zehen an einem Stein aufgeschürft. Das gehörte auch eben auch dazu. Die natürliche Ausdehnung meiner Füße hatte auch Folgen für mein späteres Leben, sie ließen sich nämlich nicht mehr in diese spitzen, hochhackigen Schuhe zwängen, die so selbstverständlich für alle Mädchen meines Alters waren. Meine Schuhe haben mir selten wirklich gepasst. Irgendwo gab es immer Druckstellen oder Blasen. Die Bequemlichkeit musste siegen und so habe ich fast nur Ballerinas getragen. Barfuss in der Stadt war nicht. Leider war dieses Schuhwerk rückschauend auch nicht das Gelbe vom Ei. Meine Rezeptoren und kleinen Fußmuskeln verkümmerten. Ein Halux entwickelte sich, der Fuß zog sich zusammen, selbst in Ballerinas bin ich ständig umgeknickt und ich bewegte mich auf recht kleinen Füßen durchs Leben, die nur im Schuhausverkauf ein Glück waren, weil ich immer noch ein Paar in meiner Größe bekam. Schon seit einigen Jahren beschäftige ich mit Fuß Übungen (sitze zum Beispiel jetzt am Schreibtisch und rolle meine Füße über einen Massageball – herrlich) und diesen Sommer bin ich auch wieder ganz bewusst viel barfuß.
Give it a try: Schuhe ausziehen, Socken weg, Hornhaut und Zehennägel prüfend einfach mal einen Blick auf den ganzen Fuß werfen. Die Zehen vielleicht eingerollt und der Zehenstand eng? Zuerst mal bewusst spüren, wohin sich das Gewicht im rechten und im linken Fuß schiebt. Denn ja das muss nicht identisch ausfallen. Mehr Zehen? Mehr Fersen? Mehr Innen- oder mehr Außenkante? Einfach ein paar Schritte gehen. Wie rollt der linke Fuß ab, wie der rechte? Ist da überhaupt ein Rollen? Oder nur ein plattes aufsetzen? Setzt du zuerst die Ferse auf? Oder die Zehen? Dann über unterschiedliche Untergründe gehen. Steinboden, Fliesen, Holzboden, Teppich, sonnengewärmten Boden, schattigen Boden, Kiesel, Sand, Steine, Felsen, Gras gepflegt, ungepflegt, Erde nass und trocken. Wenn ich von gehen sprechen, dann meine langsames aufsetzen, abrollen und voranschreiten, sodass es möglich ist zu merken, wie sich der Fuß ausdehnt oder zusammenzieht, wie er Unebenheiten an unterschiedlichen Stellen muskulär ausgleicht und in der Lage ist die Stabilität des Körpers zu erhalten in dem er an einer Stelle mal mehr entspannt an einer anderen mehr anspannt. Das Wunder der vielen Rezeptoren an den Fußsohlen erkennen, die ganz präzise auf das Erleben des Untergrunds reagieren können.
Wie geht es dir damit deine Füße zu entblößen? Sie sind so weit weg vom Kopf, weshalb wir uns vielleicht auch nicht so sehr damit beschäftigen. Denkst du im Alltag mal öfter an deine Füße und was ihnen guttun könnte? Was erkennst du an der Gewichtsverteilung in den Sohlen und deren Abrollen? Gehst du Leichtfüßig durchs Leben und erkennst das vielleicht beim Aufsetzen und Abrollen von den Zehen zur Ferse? Gehst du festen Schritts und rammst die Ferse in den Boden bevor du die Zehen ankommen lässt? Trittst du vielleicht platt auf und gehst auch so im Umgang mit anderen durchs Leben? Ja, was kannst du in deinem Alltag an dir erkennen, was sich schon am Barfußgehen abzeichnet. Und vielleicht erkennst du ein anderes Gehverhalten ohne Schuhe? Wie stehst du zu deinen Füßen nachdem du einige Zeit bewusst bloßfüßig gelaufen bist? Entwickelst du möglicherweise Mitgefühl für sie, weil ihre Leistung einem einengenden Schuh sonst zu wenig beachtet wird? Merkst du die Anstrengung in der Fuß- und Beinmuskulatur? Vielleicht sogar eine ganz andere Aufrichtung? Was könntest du ihnen Gutes tun?
Früher (also bis weit ins 19. Jahrhundert hinein) war es für die meisten Menschen durchaus normal zwischen 8 und 25 Kilometer am Tag zu gehen. Heute da sitzen wir viel und gehen ist für manche gleichbedeutend mit wandern also Sport- und Freizeitvergnügen. Dass es da oftmals gleich wieder um Leistung geht, beweisen Wettbewerbe wie die Burgenland Extrem Tour bei der bis zu 120 Winterkilometer um den Neusiedler See in 24h zurückgelegt werden.
Ich hingegen gehe meist nur mit Hund eine Runde. Oder besser gesagt, er leitet mich - weg von der Arbeit hinaus in die Natur und geht mit mir eine Runde über Wiesen, Wälder und Felder. Er hängt an einer Laufleine um meine Taille. Ich habe meine Hände frei und weil wir so auf gleiche Art und Weise verbunden sind, gehen wir auch gemeinsam anstatt, dass irgendjemand pausenlos angibt welchen Weg wir einschlagen. Ganz ehrlich im Prinzip bestimmt er die meiste Zeit den Weg aber wir beide gemeinsam das Tempo. Wenn er davon zieht und ich nicht Schritt halten kann, dann läuft er ZickZack Linien, sodass ich mithalten kann. Wenn er stehen bleibt um eine Fährte zu erschnüffeln, dann stehe ich mit lockerer Leine. Kein Zug des Weitergehens bis er soweit ist. So haben wir uns prima aneinander angepasst, ja wir bewegen uns ganz einig und abgestimmt durch die flache Landschaft. Wenn wir zu Hause ankommen, dann legt er sich im Hof nieder und schaut ganz wach in die Luft. Man merkt ihm richtig an, wie er seine Zeit zum Ankommen nimmt, wie er seine Nase in die Luft steckt ohne etwas zu erwarten, wie er sein zu Hause wieder einnimmt mit all seinem Zen-Sein.
Give it a try: Mit einem Hund zu gehen kann auf viele Arten geschehen, die einen Zerren den Hund ihren eigenen Wegwillen nach, die anderen kommen ihrem Hund gar nicht hinterher. Wieder andere lassen ihn frei laufen, weil er prima abgerichtet ist. Egal ob du mit deinem eigenen Hund gehen kannst oder dich mal jemand anschliesst der einen Hund hat. Gehen mit Hund kann ein wunderbare Achtsamkeitsübung sein.
Wer geht voraus? Kannst du die Führung dem Hund überlassen? Wann wechselt die Führung? Hat das mit Ungeduld zu tun? Oder vielleicht mit Kontrolle? Ist es möglich gemeinsam zu gehen? Was machst du während der Hund steht und Häufchen macht oder schnüffelt? Kannst du diese Pause geniessen? Was beobachtest du in deiner Umgebung? Wohin gehen deine Gedanken beim Stehen, beim langsamen und schnellen Gehen, beim Anpassen von Leinenlänge, Geschwindigkeit, beim Ankommen daheim?
Mag. Astrid Eder
Achtsamkeits- & MBSR Lehrerin
Yogalehrerin (500 YAA)
T. +43 699 12015419
astrid@pinkzebrayoga.com
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